échappée
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Windig ist`s in St. Vith

Gesamtkilometer 296

 

 

Damals, also anno dazumal, im November des Herrn 2009, war es frühmorgens dunkler als draussen. Dies sah auch der Comte von Waulsort und drehte sich in sein Bett herum statt seinen Rindern das Futter zu servieren.

Ich hatte meinem Böckschen Heizgriffe spendiert und wollte ausprobieren wie dat den so is, wenn man sich die Pfötchen verbrennt. Also fuhr ich bei starkem Wind mal los ohne Handschuhe; nicht schlecht aber auch nicht gut. Sommerhandschuhe die mit einem Windstopperaufkleber versehen sind bringen die erwünschten warmen Hände und ich wollte mal sehen wie lange das denn so anhält.

Zunächst über die N 94 nach Dinant, weiter über die N 936 nach Sorinnes und Achene. Das nächste Dorf ist eins der schönsten Dörfer der Wallonie, so jedenfalls lautet die offizielle Bezeichnung für Celles an der N910. Dann folgen wir wieder der N 94 und kommen am Königlichen Golfclub in Houyet vorbei. Dieser Golfclub ist Privateigentum des beliebten belgischen Königs. Leider verhalten sich die etwa 200 Mitglieder nicht sehr königlich sondern sind sehr abweisend gegenüber Golfmitgliedern anderer Clubs. Dies ist völlig unakzeptabel und steht im krassen Widerspruch zu der belgischen Gastfreundschaft.

Nachdem die Autobahnauffahrt überquert ist, biegt man links ab auf die N 911.

Nun kann man die Zufahrt zum königlichen Jagdschloß/Sommerresidenz in Ciergnon passieren und wenn man zurückschaut, sieht man das Schloß selber auf einer Anhöhe liegen.

Wir durchfahren herrlichen alten Waldbestand wo das Vogelgezwitscher sogar mein Rollergeräusch übertönt.

Nach ein paar Kilometerchen erreichen wir Rochefort. Bei der Durchfahrt hat man das Gefühl das die Zeit stehen geblieben ist und wir uns im Mittelalter (Moyen age) befinden. Nur die modernen Reklameschilder stören diesen Eindruck.

Auf der Kuppe biegen wir nach links auf die N86 nach Jemelle. Am Ortseingang von Jemelle wurde für Radfahrer eine Radrundfahrbahn gebaut. Dort können sich alle möglichen Radfahrer, auch Steher, austoben.

Im folgenden Kreisverkehr nehmen wir die letzte Ausfahrt zur N 836 und erreichen  Marche-en-Famenne. Vor dem Ortseingang befinden sich rechts an einer kleinen Abfahrt zwei interessante Schilder: das eine ist ein Verbotsschild für LKWs die nicht in den Himmel fahren dürfen; das andere sagt das man sein Dessert saufen soll (original: sauf desserte local = ausser Anlieferungen für Bewohner)

Weiter gehts auf die N4 bis zur nächsten Aussfahrt. Dort macht ein Hinweisschild auf eine romanische Kirche aus dem Jahre 1050 aufmerksam. Und tatsächlich: der Besuch lohnt sich auf alle Fälle. Sollte man an dieser Stelle müde werden, so kann man ein paar Meter weiter standesgemäß in einem Schloß-Hotel nächtigen; und das zu moderaten Preisen.

Aber ich habe noch heiße Fingerschen, da meine Heizgriffe einwandfrei funktionieren. Ergo biegen wir an nächster Stelle auf die N888 um rollenderweise eine schöne Aussicht nach der anderen genießen. Von wegen dicht besiedeltes Land Europas. Beeindruckend diese hürgelige, bewaldete und scheinbar unbewohnte Landschaft. 

So erreichen wir ein weiters Zückerli: La Roche-en-Ardenne

Zunächst trifft man auf einen amerikanischen Panzer, der sehr verlassen in der Gegend herumsteht. Direkt nebenan ist ein Hotel mit wunderschöner Aussicht über La Roche. Den Panzerfahrer hat also nichts mehr in seiner Kiste ausgehalten und er ist der belgischen Küche, der belgischen Aussicht und einem belgischen Mädchen erlegen.

Guckst Du weiter siehst Du gegenüber eine verfallene Schloßanlage. Diese Stelle wurde schon von unseren Ur-Urahnen aus der Zeit vor Christus bewohnt. Dann kamen die Römer. Die sollen mit ihren Wagen regelmäßig Seifenkistenrennen dort gefahren sein.

Im 17ten Jahrhundert ist die feudale Burganlage dann abgefackelt und nie mehr neu errichtet worden.

Mitten im Ort zweigen wir nach links auf die N89 ab und sind in wahren Rollerserpentinenrausch angekommen. Dem fröhnen wir natürlich munter und kratzen uns den Hauptständer platt.

In Samrée ist zunächst vorbei mit dem Kurven-; dafür kommt nun der Geschwindigkeitsrausch. Und das bis Regné. Es werden die Ortschaften Hébronval und Salmchâteau, Vielsalm, Ville-du-Bois, Petit Thier durchfahren und vor dem Kriegsmuseum Pot nach rechts abgebogen.

Nun geht es über die N 675 zum Tagesziel nach St.Vith.

Hier fühlt sich der Deutsche endlich mal verstanden.

Kein Wunder, die St.Vither sprechen die dritte belgische Amtssprache, nämlich Deutsch.

Meine Hände sind noch immer schön warmgeheizt und bei der Ortsdurch- und -umfahrt fällt mir nichts Aufregendes auf, so daß ich beschließe nicht in St.Vith aus dem Sattel zu steigen.

Wie ich von einem St.Vither Golffreund erfahre, stand am Ende des II.Weltkrieges nur ein einziges Haus in der Stadt. Alle Gebäude waren von den großen Kriegern in Schutt und Asche gelegt worden. Das hatte ich bis dato noch nicht gehört und so wollte ich Näheres erfahren. Aber mein Golffreund schaute mich nur lange an und meinte, das sei eine lange und sehr, sehr komplizierte Geschichte. Die könne man nicht mal eben zwischen zwei Löcher erzählen. 

So brachte ich meine ganz vielen Pferdchen dazu mich nach Vielsalm zurückzutragen, weil vonwegen ich dort eine sehr ansprechend aussehende Pizzeria gesehen hatte.

Nach der Vertilgung einer Frutti di Mare-Pizza geht es denselben Weg zurück ins Nest.